Wohl als Nachfahre von „Venetianern“ 1874, nach anderen Mutmaßungen 1878 auf Korfu geboren kehrte der Grieche Lavrendios Kamilieris nur für einen Aufenthalt mit Verfallsdatum (ohne dies zunächst erwogen zu haben) 1896 in Athen ein. Zuvor hatte er in Neapel am Konservatorium San Pietro a Majella sein Musikstudium abgeschlossen. In der griechischen Hauptstadt leitete er das Orchester Omilos Filomouson („Begegnungsort der Musenfreunde“) und bestimmte einen Teil des Musiklebens dort gleichermaßen als Dirigent des Chors der Musikalischen Gesellschaft Athen.

Es scheint deutliche Differenzen zwischen ihm und Georgios Nazos, dem Direktor des Odeion, einem angesehenen Konservatorium in Athen, wo er zwischen 1903 und 1904 einen Lehrauftrag für Chorleitung innehielt, gegeben haben. Jedenfalls entließ ihn dieser, möglicherweise auf Basis der Selbstbehauptung seiner Anhängerschaft zu deutschen Musiktraditionen, die womöglich Kamilieris nicht in dieser Weise teilen konnte. Der Gekränkte veröffentlichte ein Pamphlet, indem er den Direktor für seine Ignoranz verurteilte und verließ wenig später Athen.

Nach Konzertreisen mit Sängern in Westeuropa schiffte er sich nach New York ein, buk dort aber zunächst als Gesangslehrer „kleine Brötchen“, bevor er – im Land der einerseits tatsächlich, andererseits scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten – unter dem Namen People’s Chorus of New York 1916 einen Laienchor, dessen Mitgliederzahl bis an die 1000 reichte, begründete. Seine Kompositionspraxis konzentrierte sich in der amerikanischen Zeit auf Gebrauchsmusik: Lieder, Märsche und Chorarrangements. Populär wurde dort eine Vertonung des Lord’s Prayer für solistische Stimme oder Chor mit Klavierbegleitung.
Breitgefächerter in den Genres hatte Kamilieris hingegen in Athen komponiert, wo neben Chorwerken, Liedern und Werken für Klavier auch drei symphonische Stücke entstanden waren. Giorgos Leotsakos beschäftigte sich als Musikphilologe etwas eingehender mit den Klavierstücken auch dieses unterschätzten Komponisten und veröffentlichte 1999 einen Querschnittsüberblick zu griechischen Klavierwerken der Jahre 1847 bis 1908.