Experimente und Innovationen tun der europäischen Bühnenlandschaft gut – und so macht das ohnehin modern und zukunftsweisend aufgestellte Erfurter Theater mit seinem regen Opern-, Konzert- und Musicalbetrieb einen weiteren Schritt nach vorn. Mila van Daag und Markus Weckesser stellten am Freitag ihr Konzept vor, das für die Studio-Bühne eine Revolution bedeutet: Die bislang frontal und seitlich ausgerichtete Szene wird in die Mitte des Raums verschoben. Es entsteht eine holoperformative Studio Box, die vom Publikum umrundet oder von verschiedenen Seitenperspektiven vom Platz aus gesehen werden kann. Dies ermöglicht ein ganz neuartiges Theatererleben, das natürlich den schauspielernden Sängern, dem Chor und den Komparsen ebenso wie der Ausstatterin einiges abverlangt. Im Anschluss an die Veranstaltungen unter dem Motto „Eine Stunde Neuland“ ist es möglich, persönlich mit den prominenten Künstlern zu sprechen. Damit nicht genug wird auf einer weiteren Stufe der Besucher direkt ins Geschehen einbezogen: Geplant sind Motto-Tanzpartys vom Swing der 1920er Jahre über den Rock’n’Roll-Stil der fünfziger bis zum Tango Argentino; selbst wer das Menuett-Parkett der Zopfzeit(en) schätzt, soll auf seine Kosten kommen. Das Kinder- und Jugendprogramm ist nunmehr mit zahlreichen eigenen Aufführungen in einem Extra-Spielplan präsent; für diese ist teils auch die 19.20 „Studio Box“ reserviert.

Wechselnde Ambiente bietet das Reihenkonzept „Raum für Musik“ mit Konzerten, in denen auch Akteure aus der Stadt einbezogen sind, etwa durch den Auftritt einer Pop-Band oder Aufführungen mit avantgardistischer elektronischen Klängen. Die Öffnung zum Publikum und seine Einbeziehung sieht konsequenterweise bei allen diesen Veranstaltungen in der weitgespannten Zeit zwischen dem 20. September 2019 und dem 28. Juni 2020 einen „Late Night Talk“ vor, in dem nicht nur die Künstler mit ihren persönlichen Kunstinteressen Rede und Antwort stehen, sondern ein echter Dialog möglich ist.
Die Zusammenarbeit mit den Tanzensembles in Thüringen wird ebenso ausgeweitet. So stellt das Projekt TanzWert seine dreifache Koproduktion Face Me – Sacre von Ester Ambrosini vor, in der nicht nur Strawinskys Ballett eine Rolle spielt, sondern auch die elektronische Musik von Michael Krause. 3D-Projektionen mischen sich in eine multimediale Inszenierung; für die Premiere ist der 25. April 2020 angesetzt. Eine Mixtur von gerne öfter Gehörtem und (in Erfurt) ganz Neuem bieten die Sinfoniekonzerte der neuen Saison.

Nikos Skalkottas‘ Fünf griechische Tänze für Streichorchester stehen auf dem Programm, Mikis Theodorakis‘ bunt-opulente Carnaval Suite, Peter Leipolds Suite aus seiner aktuellen Oper Mio, mein Mio oder die Uraufführung von Nestor Taylors Pandemonium, ein Auftragswerk des Theaters Erfurt; auch sonst seltener zu hörende Kompositionen von dem Dänen Anders Koppel und dem Finnen Einojuhanni Rautavaara wurden aufgenommen. Den Saisonauftakt bestreitet Myron Michailidis selbst mit seiner Leitung von Richard Strauss‘ Alpensinfonie am 12. und 13. September 2019. Einer der international bekanntesten Pianisten, Barry Douglas, wird am 9. und 10. Januar des neuen Jahres Rachmaninoffs 1. Klavierkonzert spielen.