Dass das legendäre Frauenorchester von Cleveland bereits in sein 84. Jahr seit Bestehen eingetreten ist, besagt nicht, dass Männer von der aktiven Teilnahme völlig ausgeschlossen sind: John Dodson leitet die Musikerinnen anlässlich dieses Geburtstags am Nachmittag des sonntäglichen 7. April 2019 in der Severance Hall durch ein freilich ganz und gar unamerikanisches Programm; musikhistorisch umgepuzzelt beginnt es mit Schuberts unvollendeter 8. Symphonie und Otto Nicolais Ouvertüre zu seinen „Merry Wives of Windsor“ über Dvořáks Violinkonzert bis zu Sibelius‘ Finlandia nebst einem Satz aus Elgars Enigma Variations.

Das große Symphonieorchester Clevelands, das außerdem ein Jugendorchester unterhält, feierte erst letztes Jahr den 100. und zählt trotz seiner Situierung in einer vergleichsweise kleinen Metropole zu den so genannten „Big Five“ der USA. Tatsächlich war die Wertschätzung für die im Klangapparat aktiven Musiker(innen) so hoch, dass sie etwa in den 1960er Jahren bei der Rückkehr von einer Tournee am Flughafen durch Bürger der Stadt mit Jubel empfangen wurden. Dass eine eigene autonome Frauenorganisation dazu gehörte, erklärt sich unter anderem aus dem Umstand, dass das Orchester selbst – damals höchst ungewöhnlich – von einer Frau, Adella Prentess Hughes, ins Leben gerufen worden war.

George Szell, der einst das Orchester autokratisch regierte, führte es freilich auch zu Weltruhm; es war für sein genaues Spiel bald weithin bekannt. So verwundert es nicht weiter, dass es als erstes US-amerikanisches Orchester an den Salzburger Festspielen teilnahm. Ein kurzes Gastspiel gab ihm Pierre Boulez im Abschluss, bevor Lorin Maazel die Ägide übernahm. Christoph von Dohnányi folgte ihm; nun schon seit 2002 fungiert der aus Linz gebürtige Franz Welser-Möst als sein Leiter. Letzterer hatte bereits 1986 ein fulminantes Debüt an der Wiener Staatsoper hingelegt und engagierte sich in den vergangenen Jahren nachhaltig für die Unterstützung von Menschen mit Handicap.