Der Wunsch nach einer praktischen, einfacher spielbaren Oboe brachte den Musikmeister eines französischen Regiments, Pierre-Auguste Sarrus, auf die Idee, etwas gänzlich Neues zu entwickeln. Das nach ihm so benannte Sarrusophon sollte Halblochdeckungen und Gabelgriffe, wie sie gewöhnlich erforderlich waren, überflüssig machen, die einheitliche Bohrung aller Löcher dem Musiker das Spiel wesentlich erleichtern. Seinen Plan setzte die Pariser Werkstatt Gautrot & Durand in die Tat um und baute ein konisch verlaufendes Doppelrohrblattinstrument, das dem Saxophon nicht nur ziemlich ähnlich sah, sondern auch dessen Metallbau und Stimmung übernahm. Es wurde am 9. Juni 1856 patentiert und eroberte für einige Zeit wenigstens die Militärorchester … so scheint es.

Doch führte seine anfänglich recht steile Karriere auch zur Verwendung in bedeutende(re)n Kompositionen: In Folge schrieben etwa Paul Dukas in der Partitur des Zauberlehrlings 1897, Ethel Smith in The Wreckers von 1905, Maurice Ravel in seiner Rapsodie Espagnole 1907 und Ignacy Jan Paderewski 1909 für seine Symphonie h-Moll, Polonia, die Kontrabass-Variante vor. Analog zu anderen Instrumenten im Orchester führten nämlich die in unterschiedlichen Tonlagen geplanten Sarrusophone zur Ausdifferenzierung in eine eigene, neunköpfige Familie – inklusive Bariton- und Sopranino-Variante. Ähnlich wie im Fall der Klarinettenfamilie entstanden so Es- und B-Sarrusophone, beim Kontrabass-Instrument zusätzlich auch eine Ausführung in C-Stimmung.

In Jean Françaix‘ Apokalypse des Johannes (1939) ergänzt das Instrument dank seiner der Thematik entsprechenden Sonorität in eindrucksvoller Weise. Nach Igor Strawinskys Threni (1957/58) schätzte noch Hans-Joachim Hespos das Instrument so sehr, dass er für die Sopran-Variante 1978 go und fünfzehn Jahre später für den Kontrabass-Ableger das Stück spink schrieb. Doch handelt es sich hierbei um seltene exotische Reminiszenzen, die nicht verdecken können, dass das Sarrusophon nicht nur in den Militärkapellen, sondern auch in der Kunstmusik mit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts „ausgedient“ hatte, da es trotz seines perfekten Baus die weich, da nicht metallisch klingende Oboe nicht zu ersetzen vermochte, obwohl es sich aufgrund des kräftigen Tons und seiner sicheren Intonation im Orchester besser durchsetzen konnte.

Sein Gebrauch hatte sich immerhin in Werken des französischen Fin de siècle konzentriert, vor allem bei den Impressionisten. Jules Massenet beispielsweise hatte das auch in seiner Größe beeindruckende Kontrabass-Sarrusophon der posaunennahen Klangfarbe und beeindruckenden dynamischen Leistungsfähigkeit halber 1889 in seiner Oper Esclarmonde eingesetzt.
Literatur u.a.
Heinz Becker: Sarrusophon. In: Musikinstrumente in Einzeldarstellungen. Band 2: Blasinstrumente. München, Kassel, Basel, London 1982. S. 217.