Der Quintenreihe ferne Verwandtschaft

Bekanntlich ist der Quintenzirkel zunächst auf der mittelalterliche Quintenreihe, wie sie Guido von Arezzo skizzierte, vom 16. Jahrhundert an auf das Quint-Terz-System zurückzubeziehen. Daneben entwickelte sich aus den Anfängen des äquidistanten Konstrukts nicht nur die siebenstufige Diatonik, sondern auch die Pentatonik mit der regelmäßigen Tonfolge f-c-g-d-a. Davon unterscheidet sich das älteste europäische System, nämlich dasjenige der griechischen Antike, das ein aus in sich variablen Tetrachorden bestehendes Doppeloktavmodell darstellt.

Guido von Arezzo skizzierte mit seiner Tonarten-Hand als einer der ersten das System der auf Quintabständen beruhenden heptatonischen Leiter (Statue des Guido von Monaco in Arezzo, Ввласенко, 14.5.2014, CC-Liz.).
Guido von Arezzo skizzierte mit seiner Tonarten-Hand als einer der ersten das System der auf Quintabständen beruhenden heptatonischen Leiter (Statue des Guido von Monaco in Arezzo, Ввласенко, 14.5.2014, CC-Liz.).

Ein anderes und nur in Teilprinzipien ähnliches Gesicht zeigen östliche Modelle:  Im Falle des frühesten greifbaren chinesischen Musiksystems, das sich an kaum vergleichbaren Instrumenten und Gesangsmodi orientierte, weist die Tonleiter nicht 7, sondern 12 Stufen auf, deren Stimmung auf Quintaufstieg und Quartabstieg beruht. Die transponierbare Leiter der ausgeübten Musik ist pentatonisch und kennt keine Halbtöne, allerdings werden e und h als Durchgangstöne verwendet, so dass das pentatonische System zu einem heptatonischen strebt. Ähnliche Verhältnisse wie in der chinesischen Hofmusik liegen im koreanischen Kulturkreis vor, der neun verschiedene Notationssysteme kennt.

Wie die europäischen Tonleitern kennt auch die chinesische Musik Systeme mit äquidistanten Stufen bzw. Tönen (Gongche-Notation aus Gong Jinou, 1911, Qing Government, CC-Liz.).
Wie die europäischen Tonleitern kennt auch die chinesische Musik Systeme mit äquidistanten Stufen bzw. Tönen (Gongche-Notation aus Gong Jinou, 1911, Qing Government, CC-Liz.).

Eine weitaus geringere Regelmäßigkeit kennzeichnet indonesische Skalen: Der aus 7 Stufen bestehende javanische Pelog ist aus zwei größeren und fünf kleineren Intervallen konstruiert. Nur über 5 Stufen verfügt der ebenso auf Java gebräuchliche „temperierte“ Slendro, der eine Neigung zur Pentatonik ohne Halbtöne zeigt.

Südkoreanisches Orchester bei einem Samulnori-Konzert in New Delhi (11.10.2013, Korea.net)
Südkoreanisches Orchester bei einem Samulnori-Konzert in New Delhi (11.10.2013, Korea.net)

 

 

 

 

 

 

 

 

Während bei den arabischen Maqamat ein heptatonisches System mit Vierteltonabständen in ihren Varianten vorliegt, ist im Falle der indischen, auf die Zitherpraxis zurückgehenden Theorie die Oktave in ganze 22 kleinste Intervalle mit durchgehend gleichmäßigen Abständen unterteilt. Hier handelt es sich aber nur um eine (proportionale) Messung, die nicht die Praxis der Skalenverwendung spiegelt. Je nach Aufführung können die Grundtöne wechseln, die beim Ensemblespiel zur Orientierung als Bordunbegleitung auf der Shruti-Box, der Tanpura oder der Maultrommel vorgegeben werden. Einen festen Kammerton wie die europäische kennt die indische Musik somit nicht.

 

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