Manchen mag der Name des Dirigenten, Komponisten und Musikologen Fernando Lopes-Graça eher an einen kommunistischen Aktivisten erinnern, der in Portugal gegen die Politik des Estado novo und des amtierenden Diktators Salazar opponierte. Der in der Nähe von Cascais geborene Komponist zog sich den Unmut der Herrschenden spätestens nach der Beendung der Meisterklasse im Fach Klavier bei José Vianna da Motta am Konservatorium von Lissabon zu und wurde noch im selben Jahr, 1931, verhaftet und nach Alpiarça, nicht weit von Lissabon im Landesinneren gelegen, verbannt.

Das 1934 erhaltene Stipendium zur Fortsetzung seiner akademischen Ausbildung in Frankreich wurde ihm schließlich eben infolge der Inhaftierung aufgrund „kommunistischer Umtriebe“ entzogen. Dennoch ging er drei Jahre später nach Paris und begann Komposition und Orchestrierung bei Charles Koechlin zu studieren. Von dieser Zeit an konnte Fernando Lopes-Graça als Tonsetzer kleinere und größere Erfolge verbuchen. Beim Círculo de Cultura Musical gewann er schon 1940 einen bedeutenden Preis mit seinem Klavierkonzert Nr. 1, das seinem ehemaligen Lehrer Vianna da Motta gewidmet war. Erst ein Jahr nach der Prämierung wurde das Konzert, das gleichzeitig eine nationalromantische wie folkloristische Richtung vorgab, unter Leopoldo Queroll mit dem Portugiesischen Radio-Symphonieorchester uraufgeführt.

In diese Fußstapfen traten denn auch jüngere Komponisten des Landes, die einen expressionistisch-modernen Stil pflegten, allen voran Joly Braga Santos und Frederico de Freitas. Bevor Lopes-Graça 1974 zum Präsidenten der Reformkommission für die musikalische Bildung in Portugal aufrückte, engagierte er sich nach seinem vehementen politischen Einsatz für die Demokratie am Ende des Zweiten Weltkriegs für das Werk Béla Bartóks und förderte die französisch-schweizerische Pianistin Hélène Boschi, die 1952 in Paris seine Klaviersonate Nr. 3 erstmals vor Konzertpublikum spielte.

Seiner Bekanntheit in Europa leistete der Cellist Mstislav Rostropovich mit einer Aufführung des Concerto da Camera Vorschub. 1979 thematisierte er nochmals seine Gegnerschaft zum Salazar-Regime, die er in ein Requiem für die Opfer des Faschismus in Portugal goss. Dieses wahrhafte Memorial in Musik sieht in der Besetzung ein großes Symphonieorchester mit Solisten und Chor vor. Anlässlich seines 87. Geburtstages veröffentlichte das Verlagshaus Matosinhos, dessen Name von einem nördlichen Stadtteil Portos abgeleitet ist, Lopes-Graças sämtliche Sonaten und Sonatinen für Klavier.
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