Zwischen Guadeloupe und Martinique liegt in der ostkaribischen See die einst von Großbritannien und Frankreich beanspruchte Insel Dominica (nicht zu verwechseln mit der Dominikanischen Republik), auf der Sklaven zur Plantagenarbeit „eingeführt“ wurden. Die ursprüngliche Bevölkerung der Kalinago drängte man an den Rand, sie verfügt über ein Gebiet von nur mehr fünfzehn Quadratkilometern an der Ostküste der Insel. Kein Wunder, dass die Kolonialgroßmächte beide ihre Hand auf das neuentdeckte Land legten: Grün bewaldete Gebirge mit aktivem Vulkan, Flüssen und einer üppigen Pflanzen- und Tierwelt ziehen auch heute Touristen magisch an. Glücklicherweise gibt es auf Dominica einen geschützten Nationalpark, der 1997 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurde.

Neben Englisch als Amtssprache wird heute dort überwiegend ein Antillen-Kreolisch, von den Einwohnern Patwa genannt, gepflegt. Die Kalinago, die in ihrem Refugium wenigstens einen eigenen Stammeshäuptling haben, verständigen sich außerdem in ihrer indigenen Sprache. Zwar fand 2007 auf der Insel das 11. Weltfestival Kreolischer Musik statt, tatsächlich leben hier aber etliche folkloristische Stile munter fort, die wesentlich älteren Ursprungs sind. Eine Besonderheit ist der auf (kurzen) Erzählungen, auch Legenden beruhende Kont, der anlässlich von Feiern die Geschichtenerzähler herausfordert. Vom Tambou twavay, einer Trommelart, werden die auch aus der Zeit der Sklaverei herrührenden Arbeitsgesänge zum Straßenbau und Holzsägen, zur Fischerei und Obsternte begleitet.

Verbreiteter noch ist der zum Vollmond gesungene Bélé, der von westafrikanischer Tradition herrührt. Tänzer treten auf, Tanbou bélé, Triangel und Maracas werden dabei als Instrumente genutzt, die Vokalgruppe stimmt ein Vorsänger an, der Chor antwortet ihm. Ebenso gerne anlässlich von Festen pflegt man wie auch anderswo in den frankophonen Überseegebieten die aus vier Figuren zusammengesetzte Quadrille. Jing Ping zählt zur Musik der Plantagenarbeiter und verlangt nicht nur Perkussionisten, sondern auch den Spieler der Bambusflöte als Musiker. Chanté mas ist ein älteres Karneval- oder Maskeradenlied, in dem gerne andere Personen hochgenommen werden und das Klatsch jeglicher Art zum Gegenstand hat.

Zugelegt hat seit den 1940er Jahren die Pflege popularer Musik anderer Herkunft auf Dominica, die auch hier zur Massenattraktion wurde. In den Siebzigern war neben den Grammacks besonders die siebenköpfige Truppe Exile One gefragt, welche die noch relativ junge Szene des cadence-lypso anführte, den es anfänglich nur auf dieser Insel gab.

Mit diesem Namen hängt der persönliche Erfolg ihres Gründers Gordon Henderson zusammen. Der Musiker definierte den Stil von cadence-lypso als Fusion aus traditionell karibischen patterns von Dominica und afrikanischer Musik. Zu den neueren Übernahmen gehören seit den 1980er Jahren Jazz und Soca, Varianten des Calypso und schließlich des Zouk und Zouk-love. Im Bouyon vermischt sich folkloristisches Lied- und Tanzgut mit Mazurka und Zouk. Im Gefolge entwickelte sich auch eine mit Soca vermischte Variante des Bouyon.
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