Carryin‘ On: Asiens Begegnungen mit dem fünften Erdteil

Zuletzt trat die in Sydney lebende teils chinesischstämmige Pianistin Caroline Szeto mit drei kammermusikalischen Kompositionen hervor, die durch ihre Besetzung aufmerksam machen: Das nur für eine Dauer von fünf Minuten vorgesehene Stück Carryin‘ on verlangt eine elfstimmige Besetzung aus den im Orchester charakteristischen Holz- und Blechblasinstrumenten. Es wurde von der Caringbah High School im Rahmen eines Wettbewerbs für talentierte Künstler in Auftrag gegeben.

Szene aus einem Noh Drama, einer asiatischen Kunstrichtung, mit der sich die Komponistin Caroline Szeto kreativ auseinandersetzt (Yamauba, Los Angeles Museum of Arts, Inv.-Nr.  M_71 100 121, LACMA, p.d.)
Szene aus einem Noh Drama, einer asiatischen Kunstrichtung, mit der sich die Komponistin Caroline Szeto kreativ auseinandersetzt (Yamauba, Los Angeles Museum of Arts, Inv.-Nr. M_71 100 121, LACMA, p.d.)

Vergleichbar kurz(weilig) fiel Caroline Szetos Moon Rhyme für Klavier aus. Die nicht einfach zu realisierende Miniatur basiert auf einem Wiegenlied aus dem „Reich der Mitte“, das mit dem Bild des Mondes einsetzt. Es ist in einem regionalspezifischen kantonesischen Dialekt, den man wie die gleichnamige Stadt als Kaiping bezeichnet, verfasst. Die musikalische Gestaltung bleibt dabei nah am Klang dem Silben und dem eigenen „Ton“ des Gedichts, wobei die generelle chinesische Einteilung der Dialekte in neun Töne berücksichtigt wird.

Spielen im eurasischen Raum, aber auch in Australien eine Rolle: Mandolinorchester wie das von Georgi Atanasov (Pazardzhik, 21.5.2016, CC-Liz.). "Stringing' wurde für ein solches Orchester komponiert.
Spielen im eurasischen Raum, aber auch in Australien eine Rolle: Mandolinorchester wie das von Georgi Atanasov (Pazardzhik, 21.5.2016, CC-Liz.). „Stringing‘ wurde für ein solches Orchester komponiert.

Die besondere Klanggestalt beruht darauf, dass zwar Pentatonik die harmonische Basis des Ganzen bildet, aber ein Ton der Leiter weggelassen wird und an manchen Stellen alterierende Halbtöne statt der Ganztöne eingesetzt werden. Die Quartkonsonanz zweier Töne wird durch eine zweite, an dieser gespiegelte angereichert, wodurch eine charakteristische Dissonanz entsteht. Für die Spiegelung stellt die symmetrische physiologisch bedingte Stellung der Hände zueinander beim Klavierspiel das Modell dar.

Straßenszene in der chinesischen Stadt Kaiping, die gleichzeitig einen kantonesischen Dialekt bezeichnet; in diesem ist das Gedicht 'Moon Rhyme' verfasst, zu dem Caroline Szeto ein Klavierstück komponierte (Xijiao Road, Kounoso, GNU Free Doc. Lic.).
Straßenszene in der chinesischen Stadt Kaiping, die gleichzeitig einen kantonesischen Dialekt bezeichnet; in diesem ist das Gedicht ‚Moon Rhyme‘ verfasst, zu dem Caroline Szeto ein Klavierstück komponierte (Xijiao Road, Kounoso, GNU Free Doc. Lic.).

Die hierzulande fast gänzlich unbekannten Australasian Mandolin Ensembles führten vor einigen Jahren, im Ken and Joan Smith Auditorium im Norden von Sydney, Szetos Stringing für ein zweigeteiltes Mandolinorchester, flankiert von je einem Ausführenden an der Mandola, der Gitarre und dem E-Bass, auf.  Da solche Orchester in China und andernorts im südostasiatischen Raum nicht selten zu hören sind, handelte es sich um eine Hommage an einen von Australien sehr verschiedenartigen Kulturraum, auch wenn hier beide Welten – sichtbar auch an den Mitwirkenden – in der Aufführung vereint spielen. Davon liegt im übrigen eine CD-Aufnahme unter dem Titel Brolga dances: contemporary Australian music for mandolin & guitar vor.

Wurde vielfach mit Preisen für ihre kompositorische Arbeit ausgezeichnet: Carolien Szeto (Australian Music Centre).
Wurde vielfach mit Preisen für ihre kompositorische Arbeit ausgezeichnet: Carolien Szeto (Australian Music Centre).

Neben etlichen anderen Aufzeichnungen erhielt Caroline Szeto, die sich unter anderem bei Anne Boyd graduierte, für ihre kompositorische Leistung den Ignaz Friedman Memorial Prize und den prestigeträchtigen Classical Music Award für das Instrumentalwerk des Jahres. Mittlerweile gehören ihre Orchesterwerke Energy I und Energy II sowie ihre ABC Fanfare zum häufig gespielten australischen Repertoire, die sowohl von den Symphonieorchestern in Tasmanien und Queensland als auch Melbourne und Adelaide aufgegriffen wurden. Neben dem Schreiben für traditionelle Instrumentarium widmet sich Szeto auch computerbasierten elektronischen Kompositionen, dem Noh Drama und dem Medieval Music Drama.

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