Zündende Ideen

Aktuelle Werke von Sarah Nemtsov und Marko Nikodijevic waren in den vergangenen zwei Jahren häufiger am Theater Erfurt zu hören, ebenso Vito Žurajs Kompositionen. Der Slowene aus Maribor mit Jahrgang 1979 legte eine steile Karriere sowohl in der Hauptstadt seines Heimatlandes als auch nach Studienjahren an zwei renommierten deutschen Hochschulen hin. Seit 2015 hält er eine Professur für Komposition an der Musikakademie von Ljubljana. Dort baut er ein Studio für elektronische Musik auf, was angesichts eines abgeschlossenen Studiums der Musikinformatik in Karlsruhe und Erfahrungen mit Stücken wie Fluctus (2009) für das 8-Kanal-Verfahren, Matrix für das speicherfähige Disklavier und elektronisches Equipment oder Round-Robin (2014) für Akkordeon und Live-Elektronik mehr als konsequent scheint.

Funken schlugen am 28. Oktober 2016 im Theater Erfurt sowohl Berlioz' Orchesterstücke aus Roméo et Juliette als auch Vito Zurajs Tango und Iberts Konzert für Flöte und Orchester (BPARiedl, 29.3.2008, GNU Free Doc. Lic.).
Funken schlugen am 28. Oktober 2016 im Theater Erfurt sowohl Berlioz‘ Orchesterstücke aus ‚Roméo et Juliette‘ als auch Vito Žurajs ‚Tango‘ und Iberts ‚Konzert für Flöte und Orchester‘ (BPARiedl, 29.3.2008, GNU Free Doc. Lic.).

Žurajs virtuoser und furioser Tango für Flöte und Orchester erlebte am Abend des 27. Oktobers bei großem Publikumszustrom seine deutsche Erstaufführung, nachdem er zunächst in vier Versionen mit Klavierbegleitung, nämlich für die Soloinstrumente Flöte, Violine, Viola und  Klarinette vorgelegen hatte. Zum Zeitpunkt dieser Komposition war ihr Urheber gerade einmal 21 Jahre alt und das Feuer der frühen Jahre vermittelt sich sowohl in der Solistenstimme als auch in der harmonisch und melodisch hoch einfallsreichen Orchesterpartitur. Matvey Demins Vortrag schöpfte die darin enthaltenen Ideen in gebührender Weise mit allen Ecken und Kanten und dennoch mit Schliff um. Der in Sibirien 1993 geborene und in Deutschland ausgebildete Musiker gilt als einer der ersten Flötisten Russlands mit beachtlicher Praxis auf internationalem Parkett.

Der russische Flötist Matvey Demin gewann u.a. bei der All Russia Woodwinds Competition 2005 und  beim ARD-Musikwettbewerb 2010. Am 27. und 28. Oktober 2016 hatte er im Theater Erfurt das Publikum ganz auf seiner Seite (Egor Petukhov; Theater Erfurt).
Der russische Flötist Matvey Demin gewann u.a. bei der All Russia Woodwinds Competition 2005 und beim ARD-Musikwettbewerb 2010. Am 27. und 28. Oktober 2016 hatte er im Theater Erfurt das Publikum ganz auf seiner Seite (Egor Petukhov; Theater Erfurt).

Noch eine ganze Spur brillanter fiel seine Interpretation von Jacques Iberts Konzert für Flöte und Orchester von 1934 nach der Pause aus, die in gleichem Maß der detailkonzentrierten und zupackenden Leitung durch die Erfurter Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz zu verdanken war. Vor allem im langsamen Mittelteil, dem Andante, zauberte Demin mit geschmackvoll eingesetztem Vibrato auf den lang ausgehaltenen Tönen gesangliche ebenso wie violinistische und gelegentlich auch holzbläserartige Klänge aus seinem Instrument hervor. In den passenden Passagen wirkte das Flötenspiel so einmal elegisch, dann wieder lyrisch.

Halsbrecherisch modern wirkten auf seine Zeitgenossen in Europa Debussys fremdartig klingende Akkordfolgen - dank Enharmonik und Rezeption der Gamelan-Orchestermusik (hier: die Takte 5 und 6 aus seines Drame lyrique 'Pelléas et Mélisande', 1902; Nattiez: Music and Discourse, 1999; p.d.).
Halsbrecherisch modern wirkten auf seine Zeitgenossen in Europa Debussys fremdartig klingende Akkordfolgen – dank Enharmonik und Rezeption der Gamelan-Orchestermusik (hier: die Takte 5 und 6 aus seines Drame lyrique ‚Pelléas et Mélisande‘, 1902; Nattiez: Music and Discourse, 1999; p.d.).

Sowohl mit der Aufführung von Claude Debussys eher piktoraler als handlungsbetonter Suite zu Pelléas et Mélisande als auch mit Berlioz‘ Orchesterintermedien aus Roméo et Juliette zeigte das Philharmonische Orchester Erfurt unter Joana Mallwitz Kontur und Profil: Gerade die Momente des gefühlsschweren Innehaltens erfuhren eine besondere Betonung, die solistischen Schwerpunkte lagen hier bei der Klarinette, der Fagotte und dem Schlagwerk. Lediglich das langsame Verklingen am Ende hätte noch ein etwas prononcierteres Diminuendo vertragen. Es war an diesem Donnerstag über die Bedeutung der Werke hinaus eine verdienstvolle Idee der Dirigentin und der weiteren Programmverantwortlichen, französische Musik aus drei verschiedenen Epochen, nämlich aus der hochromantischen und der impressionistischen Epoche (mit verwandter Thematik) und aus der expressionistischen Phase mit einem Werk der Wende zum 21. Jahrhundert verknüpft zu haben.

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