Die karibische Musikpraxis zeichnet sich bekanntlich – nicht zuletzt infolge erzwungener Einwanderung – durch ihre farbenfrohe ethnische Mischung von folkloristischen Elementen untereinander sowie mit der europäischen Kunstmusik aus. Wegen des afrikanischen und teilweise auch indianischen Erbes dominiert Rhythmusvielfalt sowohl im Hinblick auf das nirgendwo so reiche Schlaginstrumentarium als auch auf das Repertoire, das Stammesritual, Karneval und jamaikanischen Reggae gleichermaßen einschließt. Als zweites wichtiges Merkmal kann jegliche Klangerzeugung zum Anlass für den Tanz gelten: Rumba und Calypso sind genuin karibische Produkte. Kirchen-, Salon- und Orchestermusik rangieren dahinter, haben aber auch ihre eigene Tradition ausgeprägt. Auf Kuba genoss bis in die Zeiten von Castros Revolution die klassische Klavierausbildung einen guten Ruf, einmal des Konservatoriums wegen, andererseits, weil in vielen spanisch geprägten Familien der Oberschicht darauf Wert gelegt wurde.

Aus einer dieser deutlich musikpädagogisch ausgerichteten Familien ging auch Cecilia Arizti (1856 – 1930) hervor. Sie lebte zunächst mit ihren Eltern, dem Pianisten Fernando Arizti und Teresa Sobrino in La Loma del Ángel, einem Stadtteil von Havanna. Ihre Klavierlehrer im Anschluss an den väterlichen Unterricht wurden nach dem Akademiebesuch bei Juan Federico Edelmann, dem führenden kubanischen Vertreter der Romantik, Francisco Fuentes und Esperado Ruiz, die ebenso ihr früh entwickeltes Talent für Komposition förderten. Damit musste sie sich als Frau in der streng patriarchalisch geprägten Umgebung erst einmal durchsetzen. Dies gelang ihr schon kurz nach Beendigung des Studiums: Sie konzertierte mit dem Klavier sowohl nicht nur auf Kuba selbst, sondern auch in den Vereinigten Staaten. Arbeitsdisziplin und früher Erfolg verhalfen ihr schließlich zu einer Professorenstelle am Konservatorium Peyrellade. Ihr Name ziert eine Schule der Klaviertechnik, die rasch Verbreitung fand.

Als Komponistin trat Cecilia Arizti überwiegend mit Klavierstücken im romantischen Stil an die Öffentlichkeit. Neben einem Langsamen Walzer, dem Impromptu f-Moll und einer zum Ende des 19. Jahrhunderts immer noch äußerst populären (auf John Field zurückgehenden) Nocturne erfreuten sich ihre Romanzas und Caprici großer Beliebtheit, außerdem ihr Opus 16 Reverie. Baladas entstanden neben Mazurken, Übungsstücken für den täglichen Gebrauch, Scherzi und Danzas. Im Sektor Kammermusik schrieb sie ein Trio für Klavier, Violine und Cello sowie die Romanza romántica für Geige und Klavier. Leider sind ihre Werke in Noten heute schwer zugänglich und auch auf dem Gebiet der CD-Edition wäre noch Pionierarbeit zu leisten.
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