Spotlights vom Hof Louis XIV.

Vor allem wegen des reichen Steuertributs seiner armen Untertanen, die in der Regel Analphabeten waren, konnte sich Louis XIV. in Versailles einen höchst aufwändigen Lebensstil leisten, an dem die höfische Musik nicht den größten, aber einen gewissen Anteil hatte. Entsprechend leicht war es, herausragende Musiker und Tonkünstler um sich zu versammeln. Frieder Gauer vermittelte am Sonntag im Forsthaus Willrode vor den Toren Erfurts ein lebendiges Spektrum der französischen Kammermusik dieser Zeit, die ja nicht nur im Schloss, sondern auch in den Sälen von Paris ihr Klangforum fand. Der dekorative Jagdsaal mit seinen umlaufenden Wandgemälden aus dem 18. Jahrhundert tat ein übriges, um den Zuhörer in die letzten Jahre dieser Epoche hineinzuversetzen.

An diesem Sonntag war im historischen Jagdsaal des Forsthauses Willrode „Musik am Hofe Louis XIV.“ mit Frieder Gauer, Martin Backs und Andreas Strobelt zu hören (H.-P. Mederer).

Zum Ensemble um den Flötisten Frieder Gauer, der durch seine witzige, historisch gut informierte und gleichzeitig treffsichere Moderation die Gäste des Nachmittags in seinen Bann zog, zählten neben Martin Backs mit der Querflöte der Erfurter Propsteikantor, Organist und Cembalist Andreas Strobelt und eine Hofdame, die die Bedeutungen der stummen Fächerkonversation am französischen Hof demonstrierte. Als Klammer des Programms fungierten Werke von Jacques Hotteterre le Romain und damit desjenigen Künstlers aus dem engeren Umkreis des Sonnenkönigs, der – neben François Couperin – die technisch komplexesten Kompositionen zu dieser Aufführung lieferte, zu Beginn das verspielte Echos für zwei einander respondierende Flöten, am Schluss eine viersätzige, polyphon durchwirkte und gleichzeitig für das frühe 18. Jahrhundert moderne Sonate für zwei Flöten und Cembalo. Gerade der glasklar klirrende und geschliffene Ton dieses Instruments erwies sich unter den Händen von Andreas Strobelt wie für den Raum geschaffen.

Das meisterhafte Spiel von Martin Backs und Frieder Gauer galt auch einer ungewöhnlichen, da komponierenden Frau am Hof, nämlich Elisabeth Jacquet de la Guerre, aus deren Suite a-Moll fünf (Tanz-)Sätze sehr unterschiedlicher Typik zu hören waren. Zwei Vertreter der darauffolgenden Komponistengeneration, die in die Zeit Louis XV. hineinragt, nämlich Michel Blavet mit seinen Variations pour deux flutes und Jean-Philippe Rameau mit dem Kammermusikstück La Marais für Flöte und Cembalo, rundeten den Gang durch die Musikgeschichte der Blütezeit von Versailles ab. Einen Widerhall der Charakteranalysen solcher Moralisten wie La Bruyère und La Rochefoucauld gaben Couperins wohl auf Frauen am Hof anspielende Cembalo-Skizzen L’Insinuante, La Nanete und La Charoloise.

Komponistin in Versailles: Elisabeth Jacquet de la Guerre (1664 - 1729) wurde hier von dem Maler François de Troy porträtiert (p.d.).
Komponistin in Versailles: Elisabeth Jacquet de la Guerre (1664 – 1729) wurde hier von dem Maler François de Troy porträtiert (p.d.).

Für Abwechslung sorgten die Spielszenen mit Frieder Gauer und seiner Hofdame, die ein Menuett von J.S. Bach in seiner zeittypischen Schrittfolge mustergültig vorführten sowie ein komödiantischer pas de trois, in dem einem für seine Affären berüchtigten Komponisten zugunsten seiner geschiedenen Gattin das Gehalt halbiert wird. Der vergnügliche, wohltemperierte, unterhaltsame und hochvirtuose Barocknachmitag kann auch in dramaturgischer Hinsicht als makellos bezeichnet werden.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert